Bscherrer erwachte mit einem schalen Geschmack im Mund und mit null Bock auf Arbeit. Sich am Sack kratzend nabelte er den letzten Traum ab und wälzte sich aus dem Bett. Duschen unter der Brause, die nicht brauste, sondern tröpfelte. Heute tröpfelte sie etwas zu langsam, was ihr das Leben kostete. Neben dem Duschkopf blieben noch eine Fliese und der Brauseschlauch auf der Strecke. Bscherrers Fluche waren bis in den nächsten Ort zu hören. Mütter hielten ihren Kindern die Ohren zu.
Im Büro angekommen beschloss er, heute nur zu grunzen. Das freudige „Guten Morgen Bscherrer!“ seiner liebreizenden Kollegin tötete er mit einem gezielten Blick. Seine Erwiderung „Mmhrrrgggzz!“ bedurfte der Interpretation seiner Kollegen. Man einigte sich auf „Lasst das Arschloch in Ruhe!“.
Bscherrer arbeitete in einem Call-Center. Maulfaulheit ist in dieser Branche ein schlechter Gefährte. Dennoch blieb Bscherrer zu Beginn eine Stunde regungslos vor seinem Bildschirm sitzen. Missmutig starrend. Wer blinzelt zuerst? Der Monitor verlor. Die hektisch rot blinkende Leuchte an seinem Telefon ignorierte er lässig, woraufhin diese verstummte. Kabel raus. Auch so ein Talent, dass Bscherrer locker beherrschte. Neben Kabelziehen waren das noch Beleidigen, Grapschen und Fluchen. Und Humor und Liebenswürdigkeit. Er war ein supernettes Arschloch. Er machte es seinen Mitmenschen schwer ihn zu mögen.
„Mann, Bscherrer, verpiss dich doch, wenn du keinen Bock hast!“ ermunterte ihn einer seiner Kollegen. Etwas, was sehr entfernt Ähnlichkeit mit einem Lächeln hatte, huschte über sein Gesicht. Er schaltete den Rechner aus und verabgrunzte sich. Fuhr flux zur nächsten Tanke und kaufte sich eine Kiste Bier. Die erste Flasche kippte er während des Bezahlens hinunter. Zuhause angekommen stellte er den Kasten neben sein Bett, entkleidete sich und legte sich nackt zu seinem Laptop ins Bett. Er entpuppte sich und ging als froher, witziger Mann mittleren Alters durch die Tür ins Internet. Chatten, twittern, baggern…er beherrschte die Klaviatur perfekt. Die Frauen lagen ihm zu Füßen. Dauerfeucht.
Nach dem 10ten Bier schlief er, wie so oft, auf der Tastatur ein und besabberte diese bis zum nächsten Morgen. Maximaler Füllstand. Er träumte von Gelb. Und Orange. Und von seinen Kindern, die er so lange nicht mehr gesehen hatte. Im Traum konnte er hemmungslos weinen. In realiter spielte er den starken Zyniker. Er war ein lächerlicher kleiner Mann. Und im Grunde liebenswert. Nur traute sich niemand, dies auszusprechen.