Der Thai-Markt im Preussenpark in Berlin. Die Sonne wütet. Unter bunten Sonnenschirmen kochen und bruzzeln ältere Damen Köstlichkeiten aus ihrer Heimat. Dinge, die ich noch nie gesehen habe. Massen von zum Teil bis zur Unkenntlichkeit frittierter Dinge, Hähnchenspiesse, Schwein, Rind, Geflügel in allen Variationen, süße Leckereien, Gemüse, Salate, Obst, Nudelsuppen, Reis und drei Millionen andere Sachen. An das frittierte Insekten-Buffet traue ich mich heute nicht ran. Bleibe bei Bier und (witzigerweise) vietnamesischen Sommerröllchen mit Erdnussdip, gegrillten Garneelen und frittierten Bananen. Ich chille im Schatten eines Baumes, beobachte Menschen.
Als ein Vogel mir aufs Hemd kackt und sich nicht zu Erkennen gibt, beschließe ich zu gehen. Auf dem Weg zum Auto, vorbei am schnatternden Thai-Kochtrubel, kaufe hieer, legger, sehr legger, billig du kannst, entdecke ich den älteren Mann. Er sitzt auf einer Decke in der prallen Sonne. Goldkettchen, braun gebrannt, kurze Shorts, Oberkörper frei, Sonnenbrille, Hüfttasche. Er wirkt auf mich als wisse er genau, was er will. Sieht sich um. Aha, denke ich, das Kopf-Klischee klappt auf, der sucht. Der weiss, wie man Thai-Frauen kaufen kann, hat es schon tausendmal gemacht. Er wirkt zufrieden. Eine ältere Thai-Frau nähert sich ihm von hinten, klopft ihm auf die Schulter. Er dreht sich um, nickt. Die Thailänderin geht wieder weg. Der Mann steht umständlich auf, er hat eine ordentliche Plautze, die über den Rand der Shorts hängt. Seinen Bewegungen sieht man an, dass er in einer selbstsicheren Welt lebt in der dicke braune Plautzen durchaus anerkannt sind. Ich bin ein bißchen neidisch, denn ich schäme mich meiner eigenen Plautze, die ich mit einem weiten Hemd kaschiere.
Ich folge dem Mann unauffällig, er folgt der Thailänderin in gebührendem Abstand. Die Frau geht zu einer Decke unter einem schattigen Baum. Darauf ein Kopfkissen mit schmuddeligem hellblauen Handtuch. Ringsherum Scharen von Asiaten. Der Baum steht in Klein-Thailand. Der Mann legt sich auf den Rücken, auf das Kopfkissen, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt. Die Frau kniet neben ihn nieder und bedeckt seine Beine und Hüfte mit einem bunten Tuch. Wozu? Ich habe gelesen, dass hier auch Thai-Massagen angeboten werden. Aber wozu das Tuch, wo er doch Shorts anhat?
Ich möchte nicht weiter zusehen. Der Rest des Geschehens findet in meinem Kopf statt. Auf dem Weg zum Auto frage ich mich, wer von uns beiden, der ältere Mann oder ich, gerade der Idiot ist. Die Wetten stehen 70:30 für mich.