Briefe an H. 2 / Letters to H. 2

Liebe H.

mir geht es heute besser. Ich weiss nicht was Liebe bedeutet und wie man das macht. Wenn ich meine zu Lieben, dann bin ich vollumfänglich. Meine Tore sind weit offen, ich vertraue bedingungslos, ich lasse mich in die Liebe fallen. Einfach so. Stelle keine Forderungen, schütte mein Herz aus über jemanden. Dann denke ich wieder, es kann doch nicht gut sein jemanden zuzuschütten. Muss ihn doch erdrücken. Aber wie liebt man ohne zuzuschütten? Wie kann ich meine Liebe zeigen ohne dass der andere Angst bekommt? Ich weiss es nicht. Deswegen bin ich single. Solange ich darauf keine Antwort weiss. Deswegen fühle ich mich manchmal einsam.

Ich weiss eigentlich nicht viel von dir.

Die Sache mit der Einsamkeit. Ein zweischneidiges Schwert. Entweder ich lasse mich auf jemanden ein, der in der Liebe fordert (wenn auch unausgesprochen) oder ich finde eine Frau, die nur liebt, nicht fordert, und ich ertappe mich dabei wie ich mir auf die Schliche komme, da ich selbst Erwartungen habe und meine angebliche Liebe nur eine Seifenblase ist. Das würde bedeuten, dass ich keine Chance habe, egal wie es kommt. Was mich wiederum kraftlos macht, keine Lust zu suchen.

Es gibt Menschen, die sagen, du musst gar nicht suchen. Liebe kommt zu dir. Vor diesem Fragezeichen stehe ich gerade. Schulterzucken, Kopf leicht schief gelegt.

Liebst du?

In Liebe Grüße, Ronz.

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Dear H.

I feel better today. I don’t know what love means and how to do love. When I think I love, then I am all in. My gates are wide open, I trust unconditionally, I let myself fall into love. Just because. Don’t make demands, pour my heart out on someone. Then in turn I think, it can’t be good to fill someone up. Must crush him. But how do you love without filling up? How can I show my love without frightening the other? I dont know. That’s why I’m single. As long as I don’t know the answer. That’s why I feel lonely sometimes.

I don’t really know much about you.

The thing about loneliness. A double-edged sword. Either I get involved with someone who demands something in love (even if unspoken) or I find a woman who can just love, no demands, and I find myself trapped because I have expectations and my supposed love is just a soap bubble. That means no matter how it comes, I don’t have a chance. Which in turn makes me powerless, I have no desire to look for somebody.

There are people who say you don’t have to search. Love will come to you. I am standing in front of this question mark. Shrug, head tilted slightly.

Do you love?

With love Best wishes, Ronz.

Briefe an H. 1 / Letters to H. 1

Liebe H.

mir geht es heute besser. Ich weiss nicht was Leben bedeutet und was wichtig daran ist (weiß das überhaupt jemand?), aber ich lebe. Einfach so. Bin mir nie sicher, ob das ok ist. Darf man einfach so leben, ohne Ziele, ohne Schwerpunkte, ohne Inhalt? Ich lasse mich treiben, Tag für Tag, bemerke aber auch, dass einem nicht so viel begegnet, wenn man nur treibt und nicht schwimmt. Ich zucke mit den Schultern und sage ‚Es ist halt so.‘, habe jedoch immer das dumpfe Gefühl etwas zu verpassen. Chancen zu verpassen. Das Glück zu verpassen. Dabei fühle ich mich gar nicht unglücklich, eher stumpf. Bin zufrieden mit meinem Leben, eingerollt in ein fettes Wattepolster, das meine Umwelt verschluckt.

Ich wünsche mir, dass es dir gut geht.

Heute habe ich diesen Satz wieder gehört. ‚Ich möchte, dass meine Kinder ein besseres Leben leben, als ich es hatte. Meines war sehr hart und schmerzhaft.‘ Und jedesmal, wenn ich diesen Satz höre, frage ich mich ‚Warum?‘. Warum sollen Kinder ein einfacheres und leichteres Leben leben?  Nimmt man ihnen nicht etwas weg, wenn sie keine schmerzhaften Erfahrungen machen dürfen? Schmerz gehört doch zum Leben wie Hass, Tod, Liebe, Glück und Kätzchen. Jedes gute Gericht braucht Salz und Säure. Nur Süße allein schmeckt nicht. Lasst die Kinder doch Schmerz erleben. Ich jedenfalls mag meinen Schmerz, den ich erlebt habe. Ich stelle ihn auf kein Podest  und lasse ihn mein Leben bestimmen. Aber er ist ein Teil von mir.

In Liebe, Ronz.

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Dear H.

I feel better today. I don’t know what life means and what is important about it (does anyone even know that?), but I’m living. Just because. I’m never sure if that’s ok. Can one just live like that, without goals, without priorities, without content? I let myself drift, day after day, but also notice that you don’t come across as much if you just drift and do not swim. I shrug my shoulders saying, ‚It’s just the way it is‘, but I always have the nagging feeling of missing something. To miss opportunities. To miss happiness. I don’t feel unhappy at all, rather lustreless. I am satisfied with my life, rolled up in a fat pad of cotton wool that swallows my environment.

I wish that you are fine.

Today I heard that sentence again. ‚I want my kids to live better lives than I had. Mine was very hard and painful.‘ and every time I hear this sentence, I ask myself ‚Why?‘. Why should children live a simpler and easier life? Aren’t you taking something away from them if they’re not allowed to have painful experiences? Pain is part of life like hatred, death, love, happiness and kittens. Every good dish needs salt and acid. Only sweetness alone does not taste good. Let the children experience pain. Anyway, I like the pain I was experiencing. I don’t put him on a pedestal and let him rule my life. But it’s part of me.

With love, Ronz.