Sie war jung, bildhübsch, lächelte gerne, zeigte dem kleinen Sohn
aber nie ihre Narben. Der Narbenmacher hatte sie inzwischen verlassen,
sie fühlte sich gut aufgehoben mit ihrem großen Herzen in ihrer
kleinen Welt mit ihrem kleinen Sohn.
Er war älter, Midlife-Krieger, gerade frisch verliebt. Sein Lächeln war
lange verschwunden, seit kurzem trug er es wieder im Gesicht. Für die Frau,
die er liebte. Sie trafen sich unregelmäßig, wohnten in verschiedenen Leben,
lachten und tranken viel. Er fuhr Auto.
Sie kannten sich nicht. Die Bildhübsche und der Krieger.
Dennoch, an einem sonnigen Samstag, hat er ihr bei einem Spaziergang
liebestrunken
den Sohn von der Hand weggefahren.
Kokett behauptete sie: „Um zu Lieben bedarf es keiner Sinne. Stell dir vor, alle Sinne
gingen verloren. Du könntest dennoch lieben.“
Ich entgegnete, dass Liebe ohne Sinne (Augen, Ohren, Nase, Haut) für mich
unvorstellbar sei. Neben dem Spüren muss man auch Fühlen, um zu lieben.
Kann ein Mensch, der ohne Sinne geboren wird (was in der Tat eine krasse
Vorstellung ist) dennoch lieben? Er würde nichts hören, sehen, sprechen,
riechen oder tasten können. Würde er dennoch lieben können?